Was im angelsächsischen Sprachraum im Jargon der
Börsianer als >red herring< bezeichnet wird, das ist bei
uns in Deutschland der >Unvollständige Emissions-/Börsenzulassungsprospekt<.
Bis zum 29.06.03 erläuterte
ich Ihnen den Begriff >red herring< so:
"Wahrscheinlich kam der red herring zu seinem bemerkenswerten
Namen, weil auf amerikanischen Emissionsunterlagen der Hinweis, dass
es sich um eine 'unvollständige' Unterlage handelt, in roter
auffälliger Schrift eingedruckt wird".
Aber dann las ich eine bemerkenswerte Übersetzung
des Wortes >red herring<; und diese möchte ich Ihnen nicht
vorenthalten, da meines Erachtens sehr viel Hintersinn in diesem Wort
bezüglich des Begriffsgebrauchs in puncto Ausgabe von neuen Wertpapieren
liegt.
"Als >red herring<
wird im Englischen, die falsche Fährte bezeichnet, die man bei
der sogenannten Schleppjagd durch die Büsche zieht."
Na, diese Erläuterung passt doch prima,
wenn wir an die vielen Neu-Emissionen für Aktien des inzwischen
Gott sei Dank gestorbenen Neuen Marktes denken. Da wurden viele red
herrings durchs Börsengebüsch gezogen, nicht wahr! Und soeben
auch beim IPO von facebook.
Und ab hier jetzt wieder die "offizielle"
inhaltliche Erläuterung des red herring:
Und was fehlt im red herring? Warum ist ein
Unvollständiger Emissionsprospekt unvollständig? Es fehlt
der Ausgabepreis und meist auch die genaue Menge der aus-zugebenden
Wertpapiere. Beides wird erst nach Erstellung des Börsenzulassungs-
prospektes im folgenden Zeichnungsverfahren ("bookbuilding")
ermittelt. Und bis dahin ist der Emissions-/Börsenzulassungsprospekt
tatsächlich um diese beiden Daten "unvollständig".
Alles andere ist aber penibel und ausführlich enthalten. Andernfalls
würde eine Emission von Wertpapieren nicht mit den Vorschriften
und Gesetzen über- einstimmen.
Jeder Ausgeber von Wertpapieren muss den Unvollständigen
Verkaufsprospekt bei Zulassung zum Börsenhandel bei einer Börse
und bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin)
zur Prüfung vorlegen. Die Börse kann innerhalb von 15 Börsentagen
und die BAFin innerhalb von 10 Tagen die eingereichten Emissionsunterlagen
auf formale Fehler und ggf. Unstimmigkeiten prüfen. Frühestens
nach der Genehmigung des Unvollständigen Emissionsprospektes
darf der Emittent dann unter Ausgabe eines Nachtrags, der die noch
fehlenden Angaben aufführt, die beschriebenen Wertpapiere ausgeben.
Auch dieser Nachtrag muss wiederum bei der Börse und bei der
BaFin hinterlegt werden.
(Update März 2004)