Aktienanalysten gehen mit der Zeit. "Ältliche"
Kennziffern zur Beurteilung der Chancen und Risiken einer Aktie, wie
Gewinn-je-Aktie, Cash Flow oder Eigenkapitalrendite sind zwar weiterhin
die wirklich wichtigen Kennziffern in der Fundamentalanalyse, aber wurden
von einigen Analysten mit der Kennziffer EVA angereichert.
Die "Anreicherung" mit neuen Kennziffern
hatte Hochkonjunktur in den Jahren der Hausse 1998-2000. Oft führte
verwirrte die Errechnung immer neuer Kennziffern aber mehr als sie
nütze war.
Heute ist EVA aus den meisten Analysen verschwunden. Nur wenige Banken
haben EVA durchgängig in ihre Unternehmensstudien aufgenommen.
Die wesentlichen börsennotierten Aktiengesellschaften allerdings
halten von EVA recht viel.
EVA ist die Abkürzung des
englisch/amerikanischen Begriffs >Economic
Value Added<;
also der Begriff für den Mehrwert, den shareholder value, den
ein Unternehmen aus seiner wirtschaftlichen Tätigkeit für
die Eigentümer, die Aktionäre, schafft.
Damit dieser Mehrwert entsteht, muss der Ertrag
des im Unternehmen eingesetzten Kapitals größer sein als
die Kosten des Eigen- und Fremdkapitals.
Dies ist die Formel zu Errechnung des EVA:
Betriebsgewinn nach Steuern
Berichtigungen; z.B. Goodwill-Abschreibungen
Kosten des eingesetzen Gesamtkapitals
= EVA Economic Value Added
Der verbleibende Betrag EVA wird ins Verhältnis
zum vom Unternehmen insgesamt eingesetzten Vermögens gesetzt
und ergibt die EVA-Kennziffer, mit der eine Aktiengesellschaft mit
einer anderen verglichen werden kann. Dann lässt sich ersehen,
welche einen größeren Mehrwert für die Aktionäre
schuf.
"Nachdem
die Erkenntnis gereift ist, dass Aktienoptionen eher den Reichtum
von Vorständen als den Shareholder Value mehren, orientieren
börsennotierte Unternehmen ihre Managervergütung wieder
stärker an betriebswirtschaftlichen Größen. ... Diesen
Mehrwert, Economic Value Added (EVA), genannt, hat nun auch Volkswagen
zum Maß aller Dinge und vor allem der Managervergütung
gemacht. Zunächst sollen 40 % des Bonus, später ein großer
Teil aller Bezüge von EVA abhängen, so die Vorstellungen
von VW-Chef Pischetsrieder".
(Zitiert aus Börsen-Zeitung vom 02.09.03)
Einer der stärksten Verfechter der Führung
eines Unternehmens mittels EVA war der Finanzchef der Bahn AG, Diethelm
Sack. Sack ist vor kurzem in Pension gegangen. Sein Nachfolger
wurde seine frühere rechte Hand, Richard Lutz. Es wird interessant
zu sein, ob Lutz EVA als Wertziffer zur Unternehmens-
führung beibehalten wird.
Der Vorstand der Deutschen Telekom hatte
sich ebenfalls dem EVA-Konzept verschrieben. Seit 2004 galt EVA als
Messkennziffer für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens
(besser: des Managments). Unter dem Einfluss des neuen amerikanischen
Großaktionärs Blackstone schwenkte die Telekom wieder in
Richtung einer "no-nonsense" Kennziffer und gibt dem
Cashflow wieder den Stellenwert, dem Cashflow zukommt:
nämlich als erstklassige Kennziffer für Managementleistung
zu gelten.
Kritik am EVA-Konzept wird von der Wirtschaftsprüfergesellschaft
KPMG geübt. Mit EVA sei keine zukunftsbezogene Wertschaffung
möglich, wollen sie herausgefunden haben. Sie hat KPMG
ERIC entwickelt.
ERIC ist die Abkürzung für >Earnings
less Riskfree Interest
Charges<. ERIC sei die richtige Shareholder-Value-Kennziffer.
Im Gegensatz zu EVA berücksichtige ERIC sogenannte "risikoangepasste
Kapitalkosten" nur einmal, und nicht wie EVA, zweimal. Und KPMG
hat auch ein spektakuläres Beispiel parat. Nach EVA hätte
E.ON im Zeitraum 1999-2003 ein "Minus-EVA" von 705 Mio erwirtschaftet.
Also Wert vernichtet. Das ERIC bei E.ON im gleichen Zeitraum belief
sich aber auf 1.053 Mio Wertgewinn.
Im Mai 2005 veröffentlichte Prof. Dr. Ralf Kesten (Nordakademie)
seine Untersuchung mit dem Titel >ERIC versus EVA. Zwei wertorientierte
Controllingkennziffern im kritischen Vergleich<.
Sie
können diese Untersuchung im PDF-Format einsehen.
(Februar 2009)